Tipp des Monats

Venedig 2016 – Mein Report von der Front

Ihrem Titel „Reporting from the Front“ wird sie gerecht, die diesjährige Architekturbiennale in Venedig. In den einzelnen Pavillons, besser Rohbauvillen, werden von ausgewählten Architekten eines Landes Ideen präsentiert, wie Architektur auf  Themen wie Klimawandel und Bevölkerungsverschiebungen reagieren kann. ieder     Den Niederländern ist es, in einem auf den Punkt gebrachten eindringlichen Design ganz in blau gelungen, mir die Problematik der temporären Lager der Blauhelmtruppen näher zu bringen. Für ihren Einsatz in Krisengebieten werden Zeltstädte mit intakter Infrastruktur errichtet, die allerdings hermetisch abgeschlossen sind und beim Abzug komplett abgebaut werden. NLEine Verbesserung der Lebensumstände der vom Krieg Betroffenen könnte man aber dadurch erreichen, dass Teile dieser Lager wie die mobilen Krankenhäuser oder die Wasserversorgung  im Land bleiben. Während des Freidenseinsatzes könnten Einheimische in der Bedienung der Geräte geschult werden. Bei den vielen Einsätzen der Blauhelmtruppen in aller Welt würde das schon viel bringen.IsraelDer israelische Beitrag widmet sich dem Thema Leben in trockenen, heißen Gebieten. Dabei ließen sich die Architekten von Bauprinzipien und Funktionsweisen von Pflanzen und Bakterien inspirieren. Schatten, Licht und Kühle verteilt sich unter den Riesenpilzen auf ein großes Areal. Israel 2

Jedes Land setzt sich mit dem Thema Verbesserung der Lebensumstände, zeitgemäßes Bauen, anders auseinander. Den britischen Pavillon etwa versperrt eine Nachbildung der schwarz glänzenden Tür aus der Downingstreet 10, die sich nicht öffnen lässt. Ein gutes Bild für die GB 1

Einstellung der momentanen britischen Regierung, finde ich. Man kann aber um die Tür herumgehen und befindet sich dann in einer Mischung aus Hotel und Flüchtlingslager. Dem Wohnen wird die Zeitebene gegenübergestellt. Was brauche ich beim Wohnen für Stunden, Tage, Wochen, Monate oder Jahre? Wie kann man Wohnraum teilen? Wie verändert sich das Wohnen in Großstädten wie London, wenn Wohnraum immer teurer, der Zustrom aber immer größer wird?GB 2

Jeder kann sich dazu seine eigenen Gedanken machen, denn unberührt lässt einen diese hautnah erfahrbare Präsentation nicht.

Der deutsche Pavillon polarisiert. Zu plakativ und sozialromantisch finden die einen, visionär und menschlich finden die anderen. Es kleben aber nicht nur die schönen ForderungenD Kopie 2  aus dem Buch „Arrival City“ von Doug Saunders wie „Wohnraum muss billig sein“ an der Wand,  es wurden auch große Tore in das denklmalgeschützte Mauerwerk geschlagen. D KopieDas Zusammenspiel der nur allzu wahren Thesen mit dem frischen Wind in den alten Gemäuern macht einem schon eine Gänsehaut.  http://www.zeit.de/2016/23/architektur-biennale-venedig-deutsche-pavillon-oliver-elser Im Gästebuch sind es die Einträge von Menschen anderer Nationalitäten, die den Pavillon loben. Kritische Stimmen kommen eher von Deutschen.D 3

Im Arsenale, der riesigen Lagerhalle auf der anderen Seite der Lagunenstadt, ging es dann um bauliche Strategien, also das Umsetzen der Visionen. Um Wohnraum für alle zu schaffen, muss schnell und nachhaltig gebaut werden. Container aus Glas und Holz können übereinander ars gestapelt werden, um kleine Wohneinheiten zu schaffen, die dem menschlichen Bedürfnis nach Rückzug und Schutz gerecht werden. Diese Stapelhäuser sollten stadtnah und an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sein. Nachhaltigkeit steht als Bauprinzip auch in ärmeren Ländern auf dem Programm. Hier können regionale Rohstoffe und Abfall eingesetzt werden.D Mir gefiel in diesem Zusammenhang das Schlagwort „learning from favelas“, denn am Ende geht es um das schnelle, kostengünstige Errichten menschenwürdigen Wohnraums. Insgesamt hatte ich den Eindruck, die Architekten dieser Welt wüssten wie es geht, aber weiß es auch die Politik?ars 1